Veranstaltung: | 2. Landesmitgliederversammlung Grüne Jugend Brandenburg 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Sonstige Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (beschlossen am 21.9.19), Josepha Albrecht, Antonius Naumann, Martin Wandrey |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.09.2019, 01:12 |
A4: Kenia noch retten?!
Antragstext
Eine kommende Regierung muss überzeugende Antworten auf wichtige Zukunftsfragen
in zahlreichen Bereichen liefern.
Wir nehmen die kommende Aufnahme der Kenia-Koalitionsverhandlungen deshalb mit
Sorge zur Kenntnis. Nach unserer Einschätzung birgt solch eine Koalition an
vielen Stellen die Gefahr, dass konsequente Sozial- und Umweltpolitik
untergraben oder blockiert wird. Daher beauftragen wir den neuen Landesvorstand,
die Koalitionsverhandlungen kritisch zu begleiten und sich aktiv einzubringen.
Im folgenden legen wir dafür einige Leitlinien fest.
Wir stellen uns in diesem Zusammenhang hinter die Forderungen von Fridays For
Future Brandenburg und betonen die enorme Dringlichkeit radikal-ökologischer
Politik.
Raus aus der Kohle, rein in den Strukturwandel!
Brandenburg muss bis zum Jahr 2030 aus der Braunkohleverstromung ausgestiegen
sein. Dafür ist es zentral, dass keine neuen Tagebaue erschlossen werden,
Welzow-Süd II darf nicht erschlossen werden. Die Region braucht einen klaren
Ausstiegsfahrplan und einen nachhaltigen und sozialen Strukturwandel, der von
Expert*innen gemeinsam mit den Menschen vor Ort gestaltet wird. Wir wollen
Industriearbeitsplätze in nachhaltigen Technologien schaffen und dafür unter
anderem das Bahnwerk in Cottbus stärken.
Landwirtschaft
Nachhaltige Landwirtschaft ohne Pestizide und Monokulturen schützt Böden, Klima
und Artenvielfalt. Agrarsubventionen müssen daher vom Land Brandenburg
ausschließlich nach Nachhaltigkeitskriterien vergeben werden, sofern die Vergabe
in der Zuständigkeit des Landes liegt. Zudem muss die Umstellungsprämie für
angehende Bio-Höfe massiv erhöht werden, sodass in 5 Jahren ein Viertel der
Flächen ökologisch bewirtschaftet wird.
Massentierhaltung soll so schnell wie möglich gestoppt werden, denn Tierquälerei
und Übersee-Futtermittelimporte sind aus unserer Sicht nicht vertretbar! Flächen
im Besitz des Landes sollen bevorzugt ökologisch wirtschaftenden Landwirt*innen
zur Verfügung gestellt werden. Es braucht ein Agrarstrukturgesetz, dass
Investor*innen das Handwerk legt und stattdessen die vor Ort angesiedelten
Landwirt*innen unterstützt.
Mobilität
Eine moderne Verkehrspolitik muss ökologische und massentaugliche Verkehrsmittel
bevorzugen. Statt Stau, CO2 und Abgasen wollen wir ein eng gesponnenes Netz aus
sicheren Fuß- und Radwegen, Bus- und Bahnverbindungen, welches das ganze Land
abdeckt.
Wir fordern deshalb, die Verkehrsplanung und den Finanzrahmen primär auf die
Bedürfnisse von ÖPNV, Fuß- und Fahrradverkehr auszurichten. Dazu gehören auch
ein Radschnellwege-Programm, das Radreferat im Ministerium, die Wiederbelebung
alter Zugstrecken und neue landesbedeutsame Buslinien. Für Mobilität überall in
Brandenburg, auch ohne eigenes Auto.
Drogenpolitik
Eine moderne Drogenpolitik muss Konsument*innen informieren und schützen statt
sie zu kriminalisieren und Drogenkonsum unwissenschaftlich und unverantwortlich
zu tabuisieren. Wir fordern daher sofort eine Erhöhung der straffreien
Eigenbedarfsgrenze auf 10 bzw. 15 Gramm wie in Berlin. Anschließend muss die
kontrollierte Legalisierung von Cannabis und gleichzeitig ein Werbeverbot für
Alkohol, Tabakwaren und Cannabis im öffentlichen Raum kommen, um Konsument*innen
eine unbeeinflusste und selbstbestimmte Konsumentscheidung zu ermöglichen und
Jugendschutz zu garantieren.
Menschen menschenwürdig aufnehmen
Neben einem klaren Eintreten gegen Rassismus und Hass dürfen die Bedingungen für
Geflüchtete in Brandenburg nicht weiter verschärft werden. In Brandenburg darf
kein AnkERzentrum und kein Abschiebeknast gebaut werden. Wir stehen konsequent
gegen Abschiebungen, vor allem in Krisengebiete wie Afghanistan.
Hochschule
Die Hochschullandschaft in Brandenburg muss endlich ausgebaut und besser
finanziert werden. Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft müssen
beendet werden. Wir wollen einen Medizinstudiengang ohne Studiengebühren in
Brandenburg und das Lehramtsstudium an der BTU Cottbus-Senftenberg einführen.
Frühkindliche Bildung
Kitas und Tageseltern müssen als Ort der Inklusion wahrgenommen werden, und als
ein Ort, an dem sich jedes Kind frei von Geschlechterrollen entwickeln kann. Um
diese freie Entwicklung zu erreichen, fordern wir eine zusätzliche
Sprachförderkraft, um sprachliche Defizite frühzeitig zu kompensieren (und somit
einen Schritt zu mehr Chancengleichheit zu gehen).
Um dem Fachkräfte Mangel entgegen zu wirken, fordern wir die Abschaffung der
Ausbildungskosten zur Erzieherpersonen und stattdessen angemessene Vergütung!
Schulbildung/-system
Für eine größere Chancengleichheit in unserem Bildungssystem müssen wir die
Selektierung nach der 6. Klasse stoppen und stattdessen Gesamtschulen stärken.
Um dem Leistungsdruck, welcher der Entwicklung der Kinder nicht zuträglich ist,
entgegen zu wirken, fordern wir anstatt Ziffernbenotung eine allumfassende
schriftliche Leistungsdokumentation (am Ende jedes Halbjahres). Wir fordern
bessere Inklusion, damit jedes Kind in seiner Individualität gefördert werden
kann. Diese kann bspw. durch kleinere Klassen und ein entsprechend
ausgerichtetes Lehramtsstudium erreicht werden.
Netzausbau
Wir begreifen einen schnellen und stabilen Internetzugang als Bestandteil
sozialer Teilhabe. Dazu wird freies WLAN in den Innenstädten, sowie eine
flächendeckende Breitband- und Mobilfunkversorgung benötigt. Wir fordern die
zukünftige Landesregierung daher auf, FTTH (Fiber to the home) auszubauen,
flächendeckenden Mobilfunkausbau voranzutreiben und Freifunk-Initiativen zu
fördern, sowie selbst öffentliches WLAN anzubieten.
Freie Software auf Kommunal- & Landesebene
Software, die aus öffentlichen Geldern entwickelt wird, muss auch für die
Öffentlichkeit einsehbar sein. Wir fordern daher, dass die öffentliche IT-
Infrastruktur auf quelloffene, freie Software umsteigt und auch
Eigenentwicklungen als freie und quelloffene Software zur Verfügung gestellt
werden, damit diese von anderen Kommunen und Bundesländern genutzt werden
können.
Haushalt und Finanzen
Wir wollen, dass jede Investitions- und Fördermaßnahme nach sozialen und
ökologischen Kriterien zu prüfen ist. Monopolstrukturen wollen wir
entgegenwirken. Erwirtschaftete Gewinne sollen in der Region bleiben. Daher
fordern wir eine Kehrtwende in der Haushalts- und Förderpolitik. Brandenburg
braucht eine Transformation der Wirtschaft, die der Klimakrise gerecht wird und
allen Menschen und nicht den Profiten von wenigen (meist nicht einmal
Brandenburger Investor*innen) dient. Hierzu braucht es verbindliche soziale und
ökologische Kriterien für alle Investitionen und zur Vergabe von allen
Fördermitteln.
Wohnen & Bauen
Um der Wohnungsnot entgegenzuwirken, muss dringend gegen die Nutzung von
Wohneigentum als Spekulationsobjekt vorgegangen werden, die zukünftige
Landesregierung soll daher gesetzlich gegen vermeidbaren Leerstand von Wohnraum
vorgehen. Dort, wo Flächen zur Bebauung vom Land zur Verfügung gestellt werden,
soll die Vergabe nach sozialen und ökologischen Kriterien erfolgen, um dringend
benötigten bezahlbaren Wohnraum bei kleinstmöglicher Flächenversiegelung zu
schaffen.
Klare Kante gegen Rechts
Wir streiten für eine weltoffene, diskriminierungsfreie und gleichberechtigte
Gesellschaft.
Das fordern wir als GRÜNE JUGEND Brandenburg auch von Koalitionspartner*innen
der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Das heißt, jegliche Kooperationen der
Koalitionspartner*innen mit der AfD müssen zu einer Beendigung und
Neuverhandlung der Koalition führen.
Gelder für Projekte gegen Rechts wie "Tolerantes Brandenburg" gehören deutlich
aufgestockt.
Ostdeutsche Probleme und Herausforderungen
30 Jahre nach der friedlichen Revolution sieht man die ehemalige innerdeutsche
Grenze noch an vielen Stellen. Sei es auf Karten, die das Durchschnittseinkommen
zeigen, das Durchschnittsalter oder die Lebenszufriedenheit. Kein*e
Unipräsident*in kommt gebürtig aus Ostdeutschland, ein Großteil der
Brandenburgischen Verwaltungselite hat seine Wurzeln außerhalb des Landes. Wir
machen uns stark für vielfältige Repräsentation, auch durch Ostdeutsche, und
erwarten, dass dies auch bei der Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Die Grünen
Brandenburg erfüllt wird.
Vielfältige Regionen überall attraktiv
Brandenburg ist nicht nur das Umland von Berlin, sondern ein vielfältiges
Bundesland mit unterschiedlichen Regionen. Menschen in allen Regionen müssen
gleichwertige Perspektiven haben. Dafür braucht es insbesondere für junge
Menschen Ausbildungsangebote, Freiräume und Wohnraum. Wichtig ist auch
gesellschaftliche und politische Pluralität, niemand hat Bock darauf, irgendwo
zu leben, wo man sich für eine progressive Meinung rechtfertigen muss. Daher
muss vielfältiges, politisches Engagement abseits von Parteien und etablierten
Strukturen breite Unterstützung erfahren.
Begründung
erfolgt mündlich
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